Plötzlich befinden wir uns im Mittelalter. Dabei wollten wir uns nur die Entdeckerschleife „Kalkspuren“ im Neanderland erwandern. Doch dann haben wir zwischen den Metropolen Köln und Düsseldorf eine zufällige Entdeckung gemacht, die uns weit in die Vergangenheit katapultiert.
Zufällige Entdeckung im Neanderland
Liebevoll restaurierte Fachwerkhäuser stehen in üppig blühenden Bauerngärten. Die Postkutschen haben Motor-Antrieb und Esel wurden durch Fahrräder ersetzt. Doch mit ein wenig Phantasie sehe ich noch Pferdefuhrwerke über das Kopfsteinpflaster rumpelten und Menschen geschäftig ihrer Arbeit als Wollweber oder Schmied nachgehen.
Wir stehen in Gruiten Dorf, einem Kleinod zwischen Köln und Düsseldorf, mitten im Neanderland. Hier scheint die Zeit stehengeblieben zu sein.
Gruiten Dorf, der Ort mit dem niederländisch klingenden Namen und Ausgangspunkt unserer Wanderung auf der Entdeckerschleife Kalkspuren, versprüht jede Menge mittelalterlichen Charme. In dem kleinen historischen Ortskern, in dem Kopfsteinpflaster der favorisierte Straßenbelag ist, ist Autoverkehr nur für Anwohner erlaubt. Besucher parken auf den beiden ausgewiesenen Parkflächen am Dorfeingang.
Entdeckerschleife Kalkspuren
Rundweg: Entdeckerschleife „Kalkspuren“ Start/Ziel: Gruiten Dorf w3w: risiko.ehrenvolle.bemerkte Schwierigkeit: mittel Barrierefrei: nicht durchgängig Hunde: erlaubt |
Entdeckerschleife „Kalkspuren“ Länge: 8,7 km Dauer: 2,5 Stunden Höhendifferenz: 100 m |
Ich bin noch ganz verzückt von unserer unerwarteten Entdeckung und würde mich gerne länger im historischen Gruiten Dorf umsehen, doch Thomas scharrt schon ungeduldig mit den Hufen. Die Entdeckerschleife „Kalkspuren" wartet auf uns. Es ist bereits Nachmittag und wir haben noch etwa 9 Kilometer Wegstrecke vor uns. Startpunkt der Entdeckerschleife ist am „Haus am Quall“, dem ältesten noch erhaltenen Haus im Dorf. Doch um auf den eigentlichen Wanderweg zu gelangen, müssen wir Gruiten Dorf leider wieder verlassen. Der Wanderweg führt uns zu Beginn lange Zeit parallel zur Düssel. Hier entdeckt Thomas einen Reiher am Waldrand. Er steht perfekt im Licht und hat ein wachsames Auge auf mich gerichtet, während ich mich langsam mit der Kamera im Anschlag immer näher heranpirsche. Doch als ich eine unsichtbare Linie überschreite, fliegt er mit langen Flügelschlägen davon.
Lesefutter und ein kleiner Imbiss
Auf unserm Weg befinden sich reichlich Wegweiser, jedoch steht nicht immer „Kalkspuren" auf den kleinen, rot-weißen Täfelchen. Die unterschiedlichen Schildchen teilen uns mit, dass wir uns zeitweise auf drei Wegen gleichzeitig befinden: den Kalkspuren, dem 19 km langen Evolutionspfad, der am urzeitliche Wildgehege und dem Neanderthal Museum vorbeiführt und sollten wir an Kreuzungspunkten falsch abbiegen sind wir noch für die nächsten 240 km auf dem Neanderlandsteig unterwegs. Für diesen eher unwahrscheinlichen Fall könnten wir uns hier noch mit Lesefutter eindecken. Apropos Futter. Ein Ausflug ohne etwas zu futtern gibt es bei mir nicht und so lege ich beim „Imbiss" (so stand es in großen weißen Lettern auf dem Holzbalken der Dachkonstruktion) gleich mal einen solchen ein. Im weiteren Verlauf des Weges passieren wir noch die Gastwirtschaft „Im kühlen Grunde“ , sie hat einen einladenden Biergarten, der an diesem schönen Herbsttag natürlich proppenvoll ist. Jung und alt, mit Kindern oder Hund, alle kehren sie heute hier ein.
Leider sind die letzten Meter, oder eher Kilometer weniger schön zu gehen. Unser Weg zurück nach Gruiten Dorf führt zum Schluss über asphaltierte Straßen: erst durch ein Industriegebiet, anschließend durch Wohngebiete.
Dafür wird der Wanderer in Gruiten Dorf von dem „Café im Dorf“ und der Gaststätte „Im Wiedenhof“ empfangen. Ein Hotel gibt es hier allerdings nur für Insekten.
Woher kommt denn jetzt der Name Kalkspuren?
Weil hier aus insgesamt fünf Steinbrüchen bis 1966 Kalk abgebaut wurde. Die Felswände, die unseren Weg säumen, lassen den Kalkabbau allerdings nur noch erahnen. Die Natur hat sich die ehemals kahlen Felswände zurückerobert.
Die Geschichte eines Dorfes
Gruiten Dorf heute: 800 Einwohner, 25 Häuser unter Denkmalschutz, das älteste, das „Haus am Quall“ wahrscheinlich aus dem 16. Jahrhundert, der Fluchtturm daneben ist noch älter. Aber das Dorf ist kein Freilichtmuseum. Die Häuser sind bewohnt oder werden, wie das „Haus am Quall“, für Ausstellungen und Feiern genutzt. Doch wo kommt denn jetzt der Name „Gruiten“ her? Mit den Niederlanden hat er jedenfalls nichts zu tun. Heimatforscher glauben, der Name weist auf die Beschaffenheit des Bodens hin, wie: Sand, Kies, Geröll und Kalk. Entstanden ist das Dorf bereits um das Jahr 1000. Und in einer alte Karte aus dem Jahre 1633 sind bereits drei Kalköfen eingetragen.
Doch die Geschichte des Neanderlandes beginnt noch viel früher. Wer kennt ihn nicht, den Neandertaler? Aber das ist eine andere Geschichte.
Tipp:
In und um Gruiten Dorf kannst du einiges entdecken. Die Sehenswürdigkeiten plus Wanderung reichen für einen ganzen Tag. Es gibt eine „Dorfrunde“, die am „Haus am Quall“ angeschlagen ist und an den historischen Gebäuden im Dorf befinden sich Tafeln mit Erläuterungen.
In Gruiten Dorf hat man sogar an Wohnmobilisten gedacht. Es gibt Stellplätze mit Ver-und Entsorgung, obwohl ich die „Versorgung" auf die Schnelle noch nicht gefunden habe.